Paris – Rafael Nadal steckt in einer kleinen Zwickmühle. Seit dem Beginn der French Open reden in Paris alle darüber, dass der spanische Sandplatz-Titan das Turnier im Stade Roland Garros zum zehnten Mal gewinnen kann.
«La Décima» ist das Thema, das seit zwei Wochen über der Anlage im Bois de Boulogne schwebt. Dabei ist Nadal schon jetzt total zufrieden. «Es stimmt, dass die Zehn eine wunderschöne Zahl ist», sagte Nadal am Freitag nach der nächsten Demonstration seiner Extraklasse im Halbfinale gegen den chancenlosen Dominic Thiem aus Österreich. «Aber eigentlich ist meine Lieblingszahl neun.»
Neun Titel bei ein und demselben Grand-Slam-Turnier – das hat noch kein Tennisspieler vor ihm geschafft. Und dann auch noch die Sache mit der Lieblingszahl. Woraus zieht der Mallorquiner da noch seine Motivation? «Ich denke, ich schreibe hier keine Geschichte mehr, oder?», fragte Nadal. «Neun oder 10 – das sind einfach zehn Prozent mehr», sagte der 31-Jährige – und musste selbst lachen.
Denn natürlich wird Nadal am Sonntag im Finale gegen den Schweizer Stan Wawrinka alles dafür tun, erneut auf seinem absoluten Lieblingsplatz zu gewinnen. Der Court Philippe Chatrier in Paris ist für Nadal das, was für Boris Becker der Centre Court in Wimbledon war. Nirgendwo fühlt sich Nadal wohler, nirgendwo spielt er besser als in diesem alten, ehrwürdigen Stadion mit den steilen Tribünen aus Stein.
Das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Auf dem Weg in sein zehntes French-Open-Finale hat Nadal nicht einen Satz abgegeben, erlaubte seinen Gegnern in den sechs Runden zuvor gerade einmal 29 (!) Spielgewinne. Nur Björn Borg erreichte 1978 in der französischen Hauptstadt mit noch weniger Aufwand das Finale. «Gegen Rafa in Roland Garros zu spielen, das ist die größte Herausforderung, die man sich als Tennisspieler vorstellen kann», sagte Wawrinka.
Der Schweizer wird sich dieser besonderen Challenge stellen. Schließlich kann sich auch seine Bilanz in diesem Jahr in Paris mehr als sehen lassen. Bis ins Halbfinale war der 32-Jährige ebenfalls ohne Satzverlust durch das Turnier marschiert. Im Halbfinale rang er dann den britischen Weltranglisten-Ersten Andy Murray in einem hochklassigen Fünf-Satz-Match nach viereinhalb Stunden nieder und steht nun zum vierten Mal im Endspiel eines Grand-Slam-Turniers.
Und dass er in diesen besonderen Partien bestehen kann, hat Wawrinka in der Vergangenheit bewiesen. Drei Mal erreichte er bei einem der vier wichtigsten Events das Finale, jedes Mal verließ er als Sieger den Platz. 2014 triumphierte er in Melbourne, 2015 in Paris und im vergangenen Jahr in New York.
Nadal ist deshalb gewarnt. «Er ist verdammt stark, hat einen sehr guten Lauf», sagte der Spanier über einen letzten Gegner auf dem Weg zu «La Décima». «Ich werde noch einmal mein bestes Tennis spielen müssen, um hier den Titel zu gewinnen.» Denn auch wenn neun seine Lieblingszahl ist, ein zehnter Titel «beim wichtigsten Event in meiner Karriere» würde ihm sehr viel bedeuten. «Wenn ich es schaffe, dann wird Zehn meine Lieblingszahl.»
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(dpa)