Leipzig – Theoretisch ist RB Leipzig zwar noch Bayern-Jäger Nummer eins, aber eigentlich auch schon wieder nicht mehr. Bereits acht Zähler liegen die Sachsen hinter Herbstmeister Bayern München und müssen in der Fußball-Bundesliga erneut eher auf die Verfolger schauen.
Denn beim enttäuschenden 2:2 (2:1) gegen den abstiegsgefährdeten FSV Mainz 05 ließ der Tabellenzweite am Samstag erneut wichtige Punkte liegen und verliert nach nur 15 Spieltagen den Anschluss. «Es bleibt ein Scheißgefühl», sagte Kapitän Willi Orban.
Damit nach der 0:4-Ligapleite in Hoffenheim, dem Aus in der Champions League und Mainz-Remis die Hinrunde nicht mit einer richtigen Negativserie endet, sind Siege am Dienstag beim VfL Wolfsburg und am Sonntag gegen Hertha BSC fast schon Pflicht. Auch weil nichts anderes als die erneute Qualifikation für die Königsklasse für den Vizemeister das oberste Ziel ist. Nur mit diesem Lockmittel können Spieler wie Nationalstürmer Timo Werner, Emil Forsberg und Marcel Sabitzer gehalten und dazu nötige Zusatzeinnahmen generiert werden.
Nervös wird bei RB aber derzeit niemand. «Grundsätzlich sind wir mit dem Saisonverlauf nicht unzufrieden», sagte RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff am Sonntag beim «Sky-Fußball-Talk».
Doch um nicht noch mehr Punkte liegenzulassen, muss RB seine eklatante Schwäche bei Standards des Gegners abstellen. Coach Ralph Hasenhüttl muss sich mittlerweile vorkommen wie im falschen Film, denn der Österreicher spricht das Problem explizit an, nur gelöst wird es nicht. Die Anzahl der Punkte, die RB deswegen in der Saison fast schon herschenkt, bekommt der 50-Jährige nicht mehr zusammen.
Fakt ist aber: Bei besserem Verhalten bei Standardsituationen wären die Bayern nicht schon so weit enteilt, und auch das Achtelfinale der Champions League hätte RB erreichen können. Doch Spiele gegen Porto und Istanbul gingen wegen des Unvermögens verloren, nach Ecken oder Freistößen die richtige Zuordnung zu halten. Die RB-Defensive ist derzeit nicht auf absolutem Spitzenniveau. Was nutzt es da, wenn man auch namhafte Gegner beherrscht, frech und rasant spielt, aber hinten zu oft nicht clever genug agiert.
«Auf Top-Niveau ist fast jeder Standard eine Großchance. Über 50 Prozent unserer Gegentore in der Champions League waren nach Standards, und das ist in der Bundesliga nicht anders. In meinen Augen sind wir nicht bereit, alles zu geben», sagte Stürmer Yussuf Poulsen ungewohnt deutlich.
Für Hasenhüttl ist das Nerv-Thema eines, «wo man den Finger in die Wunde legen muss, und das wird passieren». Denn auch Mainz nutzte einen Freistoß und eine Ecke für Tore von Robin Quaison (39.) und Emil Berggreen (87.), die die zweimalige Führung durch Kampl (29.) und Werner (45.+2/Foulelfmeter) ausglichen.
In der alle Beteiligten nervenden Standard-Diskussion ging das Dauerthema Videobeweis fast unter. Zweimal wurde der Videoassistent bemüht. Beim Foul an Werner (88.) holte sich Ittrich aber erst nach wütenden Leipziger Protesten den Videoassistenten auf seinen Kopfhörer. «Er trifft mich, es ist ein klarer Elfmeter», sagte Werner, dessen rechter Schuh kaputt war. Ittrich vergewisserte sich – anders als zuvor – nicht noch mal am Videomonitor. «Das wäre zwingend notwendig gewesen», haderte Hasenhüttl.
Er blickt nun mit Spannung auf die Auslosung der Runde der besten 32 in der Europa League am Montag (13.00 Uhr). «Einen Wunschgegner habe ich nicht. Aber wenn wir weiterkommen, flieg ich auch sieben Stunden nach Astana», sagte Hasenhüttl.
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(dpa)