Istanbul/Düsseldorf – Marco Rose schien am Freitag auf dem Rückflug aus Istanbul fast erleichtert zu sein, wieder über die Bundesliga sprechen zu können.
Die Punkteausbeute dort macht es für Borussia Mönchengladbach vor dem Spiel am Sonntag gegen den FC Augsburg (13.30 Uhr/Sky) deutlich einfacher, die fußballerisch schwierige Übergangszeit zu Roses schnellem Umschaltstil zu ertragen. «Wir haben 13 Punkte in der Bundesliga. Das ist nicht so schlecht», befand der Borussen-Coach leicht trotzig, nachdem er zuvor über die Unzulänglichkeiten im aktuellen Gladbacher Spiel gesprochen hatte.
Die Schwankungen im Borussen-Spiel erinnern an die recht heftigen Turbulenzen im Landeanflug auf das regnerische Düsseldorf am Freitag. «Wir machen Schritte nach vorne, dann machen wir mal Schritte zurück. Wir wollen aber noch mehr Schritte nach vorne machen», monierte Rose nach den Eindrücken des glücklichen 1:1 (0:0) im zweiten Europa-League-Spiel am Donnerstag bei Basaksehir Istanbul.
So gut die Borussia nach sechs Spielen in der Bundesliga dasteht – in Europa steht sie vor dem frühen Aus. Auch wenn die Gladbacher den späten Ausgleich des eingewechselten Patrick Herrmann (90. Minute) als Punkt der Moral, «mega-wichtig» (Christoph Kramer) und letzten Strohhalm für das angestrebte Weiterkommen feierten – dies wird verdammt schwierig. In den kommenden beiden Spielen gegen den wohl stärksten Gruppengegner AS Rom steht Borussia gehörig unter Zugzwang.
Dies hatte nach dem Spiel an Rose genagt. Leicht patzig, ungeduldig, aber noch höflich erklärte der 43-Jährige das schwache Spiel. Der Nachfolger von Dieter Hecking, der Red Bull Salzburg 2018 noch spektakulär ins Halbfinale dieses Wettbewerbs geführt und dabei unter anderem auch Dortmund ausgeschaltet hatte, wollte vor allem in Europa mit Borussia für Furore sorgen. Das Weiterkommen in die K.o.-Runde ist Roses Minimalziel. Ausgerechnet in diesem Wettbewerb aber kommen die Probleme beim spielerischen Umbruch der Borussia besonders zum Tragen. «Ich freue mich, dass die Jungs das auch alles sehr selbstkritisch sehen. Nur so kommen wir auch weiter», sagte Rose, der eigentlich für die Mentalitätswende im Club geholt worden war.
Gerade in diesem Punkt scheint es mit dem aktuellen Kader aber noch Arbeit zu geben. «Wir haben in der Pause noch mal gezeigt, welche Räume sich bieten und in die wir kommen wollten», sagte Rose. Seine Spieler folgten dem aber nicht. Rose monierte, «dass wir diese Räume gar nicht mehr gesucht und gefunden haben.» Kramer bestätigte dies.
«Es wäre kein Problem gewesen, sich bis zum Sechszehner durch zu kombinieren. Das war ja keine Übermacht hier», schimpfte der Weltmeister von 2014 und gestand: «Wir haben wenig gezeigt von dem, was wir uns vorgenommen haben.»
Dass sowohl beim desaströsen 0:4 gegen den österreichischen Provinzclub Wolfsberger AC und nun beim überaltert erscheinenden Team des Retortenclubs Basaksehir die Gegner wesentlich leidenschaftlicher und engagierter als Gladbach spielten, dürfte Rose zu denken geben.
Dass es seinen Spielern, die jahrelangen Ballbesitz-Stil gewohnt sind, in vielen Spielen manchmal an Aggressivität fehlt, hat Rose erkannt. Mit Blick auf Augsburg mahnte der gebürtige Leipziger: «Das wird ein sehr intensives Spiel. Die haben ihren Spielstil etwas geändert und laufen höher an. Das heißt, dass wir da auch körperlich dagegen halten müssen.» Vor allem die Duelle im Europapokal nähren die Zweifel daran, ob Borussia wirklich die Spieler im Kader hat, die Roses intensiven und inzwischen in Mode gekommenen Umschalt-Fußball á la Jürgen Klopp umsetzen können.
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(dpa)