Leipzig – Die Schalker Fans feierten ihre Malocher in der Kurve noch lange nach dem Abpfiff, und Trainer David Wagner schwärmte vom unermüdlichen Kampfgeist.
«Ich war begeistert von dem Spirit der Jungs. Denen kam in den letzten fünf Minuten das Laktat aus den Augen. Das sind Laktat-Junkies», sagte der Trainer von Schalke 04 nach dem völlig verdienten 3:1 beim gestürzten Tabellenführer RB Leipzig.
Im ersten Duell mit RB-Coach Julian Nagelsmann hatte Wagner seine Profis taktisch und mental perfekt eingestellt. Schalke verhinderte mit Willen und Glück in den ersten 20 Minuten drei Leipziger Großchancen und schlug dann durch den Kopfball von Salif Sané (29.) sowie den Foulelfmeter von Amine Harit (43.) selbst eiskalt zu. Nach der Vorentscheidung durch Rabbi Matondo (59.) gelang RB mit dem Tor von Emil Forsberg (83.) nur Ergebnis-Kosmetik.
«Mentalität schlägt manchmal auch Qualität. Und die haben wir heute auf den Platz gebracht. Ich freue mich generell über diese Leistung, weil wir ein geiles Spiel gemacht haben», sagte Schalke-Torwart Alexander Nübel. Der 22-Jährige hatte die Königsblauen mit zwei sensationellen Reflexen gegen Forsberg und Marcel Sabitzer in der 15. Minute im Spiel gehalten. Dass er sich den Schuss von Forsberg kurz vor Schluss selbst ins Tor boxte – geschenkt.
Denn Schalke hatte die zuvor ungeschlagenen Leipziger phasenweise überrumpelt, fast jegliches Kombinationsspiel der Gastgeber unterbunden. Ein Sieg in Leipzig – das war zuletzt ausgerechnet Rivale Borussia Dortmund im Januar gelungen. Mit 124,45 Kilometer liefen die Schalker zwar mehr als Leipzig, waren statistisch gesehen aber ansonsten im Nachteil. Schalke spielte mehr Fehlpässe, gewann weniger Zweikämpfe und hatte nur 65 Prozent Ballbesitz.
Doch am Ende zählte eben das, was am Ende auf der Anzeigetafel flimmerte. «Wir haben einen großartigen Job heute gemacht. Wir haben beim Spitzenreiter gespielt und 3:1 gewonnen, da sind wir schon auch ein großes Team», befand Harit. Der zum Leistungsträger gereifte Marokkaner war mit seinem Tor und der Vorlage zum 3:0 einmal mehr der wichtigste Spieler der Knappen.
Bei der sportlichen Einordnung wurde aber selbst Wagner verhalten. Schalke ist nun punktgleich mit Leipzig, liegt mit 13 Zählern nur einen hinter Tabellenführer Bayern. «Alle, die nach sechs Spieltagen und einem Auswärtssieg in Leipzig in Euphorie verfallen: Bitte gebt denen Tabletten», sagte Wagner: «Es gibt einfach keinen Grund für Euphorie.»
Das sehen Fans und Umfeld des chronisch aufgeregten FC Schalke 04 selbstredend anders. Denn zum einen stand der Club so gut wie jetzt zuletzt in der Vizemeister-Saison 2017/18 da. Zum anderen strahlt die Mannschaft eine unglaubliche Souveränität sowie Stabilität aus, was allein Wagners Verdienst ist. «Alle können Fußball spielen, aber die ganz Großen oder die, die am Wochenende gewinnen, zeigen, dass sie im Kopf etwas freier sind. Aber manchmal kommt ein guter Plan dazu. Jetzt nehmen wir das alles so mit», sagte Nübel.
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(dpa)