Hamburg – Uwe Seeler will zu seinem 80. Geburtstag eine fröhliche Party im Volksparkstadion, keine Trauerfeier. Allein das sollte für die Mannschaft des Hamburger SV am Samstag (15.30 Uhr) Verpflichtung genug sein, gegen Borussia Dortmund alles zu geben.
Seelers Erwartungen sind bescheiden wie er selbst: «Schlecht spielen kann man ja. Aber man muss sich aus dem Anzug pulen und kämpfen bis zum Schluss. Das muss drin sein», sagt das HSV-Idol. Dann blickt er sich um, als wolle er überprüfen, ob ihm keiner zuhört, und formuliert unsicher: «Ich wünsch‘ mir einen Sieg. Ansonsten leide ich.» Das Spiel verfolgt er mit Freunden in einer Loge des Stadions.
Schon um den häuslichen Frieden im Hause Seeler zu retten, wäre der erste Sieg des HSV am zehnten Spieltag dieser Saison überfällig. Denn «nach Niederlagen ist er kaum zu ertragen», verrät Seelers Ehefrau Ilka. Die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol würde Familie Seeler den Gefallen liebend gern tun. Doch nach dem schlechtesten Saisonstart in der HSV-Historie mit nur zwei Pünktchen und zwei Törchen bröckelt selbst bei Hardcore-Fans die Zuversicht. «Ich hoffe, dass wir ihm Freude bereiten können», meint Gisdol und klingt nicht überzeugt.
Allein der Blick in die Vergangenheit lässt zarte Hoffnungen zu: Dortmund scheint so etwas wie der Lieblingsgegner der Hamburger zu sein. Sieben Siege in den vergangenen zehn Heimspielen gegen die Borussen und nur eine Niederlage – das ist auch Gisdol nicht entgangen. «Das macht mir Mut», betont der Trainer und verspricht: «Wir wollen unbedingt die positive Energie des Geburtstages mit ins Spiel nehmen.»
Gisdol stellt die Dortmunder als ein Team heraus, «an dem wir wachsen können». Doch im laufenden Spieljahr seien sie «etwas fehlerhafter» als in der Vorsaison. Tatsächlich sind vier Bundesliga-Spiele ohne Sieg für den Tabellensechsten äußerst ungewöhnlich. Und der HSV hofft auf müde Beine nach der Champions League. Bis Samstag muss unbedingt HSV-Keeper René Adler (Rückenbeschwerden) fit werden, denn auch die Ersatzleute schwächeln.
Die Hamburger suchen verzweifelt einen Weg aus der Krise. Sie wollen den Anschluss zu den rettenden Plätzen jenseits der Abstiegsränge nicht verlieren. Noch hat der Trainerwechsel von Bruno Labbadia zu Gisdol nicht den erhofften Erfolg gebracht. «Niederlagen ziehen einen selbst auch runter. Ich bin auch kein Roboter», gesteht Gisdol. Doch der Schwabe weiß, wie wichtig Leute im Umfeld der Mannschaft sind, um die Profis wieder aufzurichten. «Wichtig ist, dass wir wieder Boden unter die Füße bekommen», sagt der Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer.
Nach der jüngsten Kritik an seiner Person hat Beiersdorfer vom Aufsichtsratsvorsitzenden Karl Gernandt Rückendeckung erhalten. «Es macht keinen Sinn, den Kapitän von Bord zu schmeißen, wenn die See rau ist», erklärt Gernandt und beschränkt die personelle Erneuerung in der Führung auf den Sportchef. Der Posten ist seit Mai verwaist.
Seeler kriegt die Querelen aus der Ferne mit. Seine Vorfreude aufs Jubiläum hält sich in Grenzen. «Vorm Geburtstag bin ich nicht nervös, aber vor dem Spiel», sagt der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und hebt die Hände. «Ich kann leider nicht helfen.» Einen Grund, warum der HSV am Samstag unbedingt gewinnen muss, verrät er aber noch: «Dann schmeckt das Bier besser.»
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(dpa)