Köln/Hamburg – Der verletzte Martin Strobel bleibt auch nach seinem WM-Aus im Kreis der deutschen Handballer allgegenwärtig. Von einem Krankenhaus in Baden-Württemberg hält der 32-Jährige über Kurznachrichten und Videoanrufe Kontakt zu seinen Mannschaftskollegen.
Das weiß auch der junge Tim Suton zu schätzen, der nach dem Kreuz- und Innenbandriss von Strobel in den WM-Kader von Bundestrainer Christian Prokop gerückt war. Strobel habe ihm als Nachkömmling vor seinem WM-Debüt gegen Spanien (31:30) eine SMS geschrieben, erzählte Suton. «Das ist schon einen ganz, ganz tolle Geste.» Und sie zahlte sich aus.
Denn der 22-Jährige zeigte bei seinem ersten großen Turnierspiel gegen den Europameister, dass er auch im Halbfinale am Freitag (20.30 Uhr/ARD) gegen Norwegen eine wichtige Alternative sein kann. Ohne Angst und Nervosität warf sich der Rückraumspieler in die Zweikämpfe. Zudem gelang ihm schon zwei Minuten nach seiner Hereinnahme sein erstes von insgesamt vier Toren. Suton sei ein Spieler, «der sich keinen Kopf macht», sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning. «Von daher können wir sowas gut für die nächsten Spiele gebrauchen.»
Suton spielt zwar auf derselben Position wie Strobel im zentralen Rückraum, ist aber ein ganz anderer Spielertyp. Anders als der 32 Jahre alte Routinier sucht Suton im Angriff viel häufiger die direkten Duelle mit seinen Gegenspielern und auch den Torabschluss. Die Partie gegen Spanien war zwar praktisch bedeutungslos, weil Deutschland schon vorab als Halbfinal-Teilnehmer festgestanden hatte. Dennoch überraschte es mitunter, wie unbekümmert Suton gegen Top-Profis wie Alex Dujshebaev oder Viran Morros agierte.
«Er musste sich nicht großartig einfinden, weil der die komplette Vorbereitung absolviert hat und alle Abläufe kennt», sagte Prokop über den Spieler, den er kurz vor WM-Beginn zunächst aus seinem Turnierkader gestrichen hatte. «Er hat sich auf Anhieb wohlgefühlt und seine Qualitäten unter Beweis gefehlt.» Es wird darauf ankommen, dass er das auch gegen Vize-Weltmeister Norwegen tut.
Im Vergleich zu Strobel mangelt es Suton logischerweise an Erfahrung, im gezielten Aufbau eines Angriffs fehlt der DHB-Auswahl mit Strobel das Gehirn. Suton hofft, «das auf meine Art und Weise» zu kompensieren. Den Anfang hat er gegen die Spanier bereits gemacht. «Ich hoffe, dass das jetzt nicht alles war», sagte der Bundesliga-Profi vom TBV Lemgo danach. Diese Hoffnung hat er nicht allein.
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(dpa)