Stuttgart – Deutschlands Tennis-Star Angelique Kerber klatschte erleichtert in der Spielerbox, als Comeback-Königin Julia Görges die deutschen Fed-Cup-Damen vor dem Absturz in die Zweitklassigkeit bewahrte.
Nach einer Niederlage der zweimaligen Grand-Slam-Siegerin holte Görges in der spannenden Relegation gegen die Ukraine nervenstark den entscheidenden Punkt zum 3:1. Vor 3800 mitfiebernden Zuschauern in Stuttgart drehte die wiedererstarkte Norddeutsche in beiden Sätzen einen klaren Rückstand gegen Lessia Zurenko und gewann mit 6:4, 6:4. Statt Kerber musste es Görges richten und sicherte dem deutschen Team den Klassenverbleib. Am frühen Sonntagnachmittag fiel die Anspannung bei der deutschen Riege ab.
30 Jahre nach dem ersten Fed-Cup-Titel mit Steffi Graf ist ein großer Imageschaden und der ersten Abstieg seit 2012 abgewendet. Die Auswahl spielt auch 2018 erstklassig und kann einen erneuten Angriff auf die ersehnte Mannschafts-Trophäe beginnen. Das abschließende Doppel zählte bloß für die Statistik.
Kerber, der eigentlich die Hauptrolle zugedacht war, hatte die erste Chance auf den Gesamterfolg noch vertan. Nach bescheideneren Ergebnissen zeigte sich die Branchenanführerin verunsichert und musste sich Jelina Switolina beim 4:6, 2:6 zum vierten Mal in Serie geschlagen geben. «Sie hat einfach im Moment noch nicht so die Sicherheit», analysierte Teamchefin Barbara Rittner im SWR. «Da fehlt so ein bisschen diese Ruhe und Zuversicht. Angie hat so ein bisschen den Kopf verloren.»
Am Samstag spielte Kerber nicht spektakulär, setzte sich beim 6:1, 6:4 gegen Zurenko aber souverän durch. Görges hatte ihr trotz eines Satzrückstandes und eines Sturzes unerwartet mit dem 4:6, 6:1, 6:4 gegen Switolina eine perfekte Vorlage geliefert.
Kerber, die am Montag ihren Spitzenplatz in der Weltrangliste an Serena Williams verliert, fand im 80-minütigen Duell mit Switolina nicht die richtigen Mittel. Die Fed-Cup-Atmosphäre sollte der Linkshänderin eigentlich helfen, sich von Druck und Last zu befreien. «Ich empfinde das nicht als Rückschlag. Ich denke, die Woche hat mich weitergebracht», sagte Kerber. «Für mich ist es wichtig, dass ich wieder Spaß habe, und der Spaß ist wieder da.»
Lächeln durfte die Schleswig-Holsteinerin am Ende dank des starken Auftritts von Görges. Im vierten Einzel wirkte die Nummer 46 der Welt zu Beginn gehemmt, Teamchefin Rittner war als Psychologin gefragt. Das Duell war angesichts der Brisanz von Nervosität geprägt, nur langsam fand Görges zu ihrem druckvollen Spiel. Von 1:4 kämpfte sich die Bad Oldesloerin zum 4:4, das Publikum sang «Jetzt geht’s los». Dem Satzgewinn ließ Görges ein «Come on» folgen. Anschließend stand es wieder 0:3, wieder kam die 1,80 Meter große Spielerin zurück.
Der Relevanz der Partie waren sich die Vertreter des Deutschen Tennis Bundes bewusst gewesen, auch wenn sie nach eigenen Worten an das Abstiegsszenario kaum Gedanken verschwendeten. Wäre es nicht gelaufen wie gewünscht, wären die Damen mit der zweimaligen Grand-Slam-Siegerin Kerber in die Zweitklassigkeit abgestürzt.
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(dpa)