Paris – Mit einer Tennis-Gala der absoluten Extraklasse hat der Österreicher Dominic Thiem bei den French Open Titelverteidiger Novak Djokovic aus dem Turnier geworfen.
Der 23-Jährige deklassierte den Serben im Viertelfinale von Paris mit 7:6 (7:5), 6:3, 6:0 und darf sich jetzt auf ein Halbfinal-Duell mit Topfavorit Rafael Nadal freuen. Der Spanier hatte zuvor in seinem Viertelfinale von der Verletzung seines Landsmannes Pablo Carreno Busta profitiert. Der 25-Jährige musste beim Stand von 6:2, 2:0 aus Sicht von Nadal wegen einer Bauchmuskelzerrung passen.
«Es wird nicht leichter für mich», scherzte Thiem nach seiner beeindruckenden Vorstellung. Für Thiem war es der erste Sieg gegen Djokovic überhaupt. Die bisherigen fünf Duelle hatte er allesamt verloren, zuletzt hatte ihn der Serbe im Halbfinale von Rom beim 1:6, 0:6 regelrecht vorgeführt.
Doch dieses Mal war Thiem von Anfang an der bessere Spieler. Nur im ersten Durchgang konnte Djokovic die Partie noch offen gestalten. Der Serbe ging 4:2 in Führung, hatte beim Stand von 5:4 sogar zwei Mal die Chance, den ersten Satz zu gewinnen. Doch Thiem bewahrte die Nerven und holte sich schließlich im Tiebreak nach 73 Minuten den ersten Satz, weil Djokovic eine leichte Rückhand ins Netz spielte.
Thiem war nun nicht mehr zu stoppen. Dem Weltranglisten-Siebten gelang gleich zu Beginn des zweiten Satzes ein schnelles Break, das er fortan nicht mehr hergab. Djokovic wirkte seltsam emotionslos, ließ die drohende Niederlage einfach über sich ergehen. Vor allem im letzten Satz stemmte sich der 30-Jährige, der sich im Vorjahr mit seinem ersten Titel in Paris einen Lebenstraum erfüllt hatte, gar nicht mehr gegen das drohende Aus. Mit 6:0 fegte Thiem den Serben in nur 20 Minuten einfach so vom Platz und nahm damit Revanche für die Halbfinal-Niederlage im Stade Roland Garros im Vorjahr.
«Es ist wie ein Traum für mich, dass ich den ersten Sieg gegen Novak ausgerechnet hier im Viertelfinale von Roland Garros hole», sagte Thiem, für den es das 250. Match auf der ATP-Tour war.
Djokovic war dagegen ratlos. «Es ist hart, etwas zum dritten Satz zu sagen. Es ging nichts in meine Richtung, dafür alles in seine», sagte der zwölfmalige Grand-Slam-Turnier-Sieger, der in der französischen Hauptstadt zuletzt sechs Mal in Serie mindestens das Halbfinale erreicht hatte. Doch seit seinem Triumph in Paris vor einem Jahr steckt Djokovic in einem Motivationsloch. «Es ist ungewohnt für mich, dass ich für längere Zeit keinen großen Titel mehr gewonnen habe», sagte der Serbe.
Sein ehemaliger Trainer Boris Becker ging mit der früheren Nummer eins der Welt hart ins Gericht. «Er braucht einen ebenbürtigen Gegenüber, der ihm auch mal die Wahrheit sagt», sagte Becker als TV-Experte bei Eurosport. Djokovic hatte sich von Becker Ende 2016 nach drei sehr erfolgreichen Jahren getrennt. In Paris arbeitete er eine Woche lang mit Andre Agassi zusammen, doch der Amerikaner kommt bislang als Vollzeit-Coach nicht infrage.
«Wir werden sehen, was die Zukunft bringt», sagte Djokovic, der selbst eine Pause nicht kategorisch ausschloss. «Es ist traurig, dass Roland Garros auf diese Art und Weise für mich zu Ende geht. Jeder sieht, dass ich gerade nicht mein bestes Tennis spiele.»
Das sieht bei Nadal ganz anders aus. Der Spanier ist in Paris wie Thiem noch ohne Satzverlust, gab in seinen fünf Partien insgesamt erst 22 (!) Spiele ab. Die Partie gegen Carreno Busta dauerte lediglich 51 Minuten. «Das war sicher nicht die Art und Weise, wie ich das Spiel gewinnen wollte», sagte Nadal. «Vor allem, weil er ein guter Freund ist.» Dass er bislang in Paris kaum gefordert wurde, wollte Nadal weder als Vor- noch als Nachteil werten. «Was zählt, ist, dass ich hier im Halbfinale stehe. Das war mein Ziel und darüber bin sehr glücklich.»
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(dpa)