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Traps-Wutrede nach 20 Jahren noch Kult – Heynckes begeistert

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München – Selbst Jupp Heynckes muss noch heute über die legendäre Wutrede von Giovanni Trapattoni schmunzeln.

«Was erlauben Struuunz?», erinnerte der aktuelle Trainer des FC Bayern München dieser Tage an den Mann, der vor 20 Jahre für ein unvergessliches Stück Bundesliga-Geschichte sorgte. Am 10. März 1998 redete sich der damalige Bayern-Coach in Rage. Aussagen wie «Was erlauben Strunz?», «Ein Trainer ist nicht ein Idiot!», «schwach wie eine Flasche leer!» oder «Ich habe fertig» haben seitdem Kultstatus.

«Da hat man gesehen, dass es für einen Trainer, wenn er in ein anderes Land geht oder eine neue Sprache sprechen muss, wahnsinnig schwierig ist. Deswegen ist das sicher auch entstanden», analysierte der 72-jährige Heynckes. «Das war nicht superlustig, das war genial.»

Trapattonis Auftritt in dem Pressestüberl an der Säbener Straße ist berühmt, die Geschichten im Hintergrund sind es nicht ganz so. Des Trainers Ärger hatte wenige Tage zuvor nach dem 0:1 auswärts gegen den FC Schalke begonnen. Die Nationalspieler Mehmet Scholl, Mario Basler und Thomas Strunz hatten öffentlich die Aufstellung und die Taktik kritisiert, was den Italiener empörte.

«Beim Abendessen gegen Mitternacht hat er den Frust mit derselben Leidenschaft und im selben Stil wie bei der Rede rausgelassen. Mit einem Unterschied: Die Flasche war nicht leer, sondern voll», sagte der langjährige Mediendirektor des FC Bayern, Markus Hörwick, «und die Flasche ist umgekippt und hat Uli Hoeneß voll erwischt. Er war von oben bis unten mit Rotwein voll».

Nach der Rückreise nach München zog sich Trapattoni dann ein paar Tage in sein Mailänder Domizil zu seiner Frau zurück. «Dann kam der Dienstag», erinnerte sich Hörwick, «und ich hatte so ein komisches Gefühl im Bauch». Dreimal rief Hörwick den Trainer im Auto auf dem Weg von Mailand nach München an, dreimal blieb Trapattoni ruhig. Erst als der Coach kurz vor der Pressekonferenz statt des einen üblichen Spickzettels «sieben, acht Blätter» aus seiner Sakkotasche hervorholte, war Hörwick klar: Das Bauchgefühl war richtig.

Einmal in Fahrt war Trapattoni nicht zu stoppen: Nachdem der einstige Milan-Spieler nach gut drei Minuten den Presseraum verlassen hatte, und von Hörwick in die Trainerkabine gezogen worden war, wollte Trapattoni zurück. Er habe noch etwas vergessen. Hörwick versprach, nachzusehen, ob die Journalisten überhaupt noch da seien.

Beim Blick in den Presseraum erlebte der heute 61-Jährige dann «einen Zustand, den ich in 30 Jahren Bayern München nie wieder erlebt habe». Dem Trainer verriet er nichts von den Journalisten, die ihren Redaktionen das Topthema des Tages ankündigten. «Giovanni, tut mir leid, die sind alle schon weg», sagte Hörwick diesem nur.

Trapattoni selbst lacht längst über die Wutrede. «Aus der Distanz so vieler Jahre muss ich sagen, dieser Wutausbruch wurde so bekannt und so oft mit meinem Namen assoziiert, dass ich mich heute darüber amüsiere», verriet er in seiner Autobiografie mit dem Titel «Ich habe noch nicht fertig». Seit seinem Aus als irischer Nationalcoach 2013 ist Trapattoni ohne Trainerjob. Angebote, etwa aus China oder der Elfenbeinküste, lehnte der 78-Jährige nach eigenen Angaben aus Rücksicht auf seine Frau ab. «Ich mag diese Frau zu gerne, um sie noch einmal alleine zu lassen», sagte er.

Bis 2016 arbeitete «Trap» als Co-Kommentator für den italienischen TV-Sender Rai – die Zusammenarbeit endete nach einem Eklat während des Länderspiels zwischen Deutschland und Italien im März 2016 allerdings abrupt. Nachdem Trapattoni am Mikrofon während der Partie mehrmals geflucht und geschimpft hatte, trennte sich der Sender von ihm. «Ich bin kein Journalist, sondern ich lebe den Fußball als Trainer und auf meine Art und Weise», erklärte Trapattoni.

Mit seiner Art und Weise erarbeitete sich der Trainer viel Respekt, auch bei Heynckes. «Das ist eine ganz tolle Persönlichkeit, ein wahnsinnig sympathischer Mensch. Er war auch ein super Spieler und im Stande, Pelé auszuschalten. Das hieß damals schon was», erzählte der 72-Jährige. «Er war keiner, der draufgehauen hat. Er hat immer noch das Gute im Menschen gesehen. Aber da ist er explodiert, das war köstlich.» Und es war so legendär, dass Traps Wutrede einen festen Platz in den Bundesliga-Rückblicken hat.

Fotocredits: Peter Kneffel
(dpa)

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