Dortmund – Am Ende seiner langen Leidenszeit wirkte Marco Reus wie von Lasten befreit. Der ansonsten eher medienscheue Nationalstürmer meisterte den Interview-Marathon nach seinem umjubelten Comeback in für ihn ungewohnter Plauderlaune.
Mit einem Dauerlächeln gewährte der von einem Kreuzbandriss genesene Dortmunder Einblicke in sein Gefühlsleben. «Es war sehr aufregend, wieder die Atmosphäre zu spüren und ein geiles Gefühl, wieder dabei zu sein», schwärmte er im Anschluss an das mühselige 2:0 (0:0) über den Hamburger SV.
Wie sehr der 28 Jahre alte Angreifer den BVB-Fans in den vergangenen 259 Tagen gefehlt hatte, bekam er bereits vor dem Anpfiff zu spüren. Als Stadionsprecher Norbert Dickel die Startaufstellung mit dem Namen Reus verkündete, erbebte das Dortmunder Stadion in seinen Grundfesten. Und auch bei seiner Auswechslung in der 71. Minute gab es Ovationen von den Tribünen. Trainer Peter Stöger war mächtig beeindruckt: «Es war richtig gut – ein richtig gutes Gefühl für uns, wahrscheinlich ein super Gefühl für ihn.»
Doch die mit dem Comeback verbundene Hoffnung der Dortmunder auf mehr Spielkultur erfüllten sich zumindest in der ersten Halbzeit nicht. Zwar avancierte Reus auf Anhieb zum besten Dortmunder, konnte seiner Mannschaft aber zunächst nur bedingt zu mehr Torgefahr verhelfen. Bei aller Freude über seine Rückkehr auf den Fußballplatz verlor er nicht den Blick für die Realitäten: «Wir haben nicht unser bestes Spiel gezeigt, aber in dieser Phase ist es einfach wichtig, zu punkten und die Dreier zu holen. Wir wissen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben.»
Neben Reus schlüpften Michy Batshuayi und Mario Götze in tragende Rollen. Wie schon bei seinem Doppelpack vor einer Woche in Köln erweis sich der Neuzugang vom FC Chelsea als echter Torjäger. Sein Treffer zum 1:0 in der 49. Minute ebnete den Weg zum insgesamt 500. Heimsieg der Borussia.
Dennoch sieht Batshuayi noch Luft nach oben: «Ich werde mir das Spiel noch mal angucken, um zu sehen, was ich gut und schlecht gemacht habe, damit ich schon am Donnerstag noch besser spielen kann», sagte er mit Blick auf die Europa-League-Partie an gleicher Stätte gegen Atalanta Bergamo. Seine Effektivität ist durchaus mit der seines Vorgängers Pierre-Emerick Aubameyang vergleichbar: In zwei Spielen war er an vier von fünf BVB-Treffern beteiligt.
Der sehenswerte Schlusspunkt der Partie rundete den aus Dortmunder Sicht erfreulichen Nachmittag ab. Erstmals seit dem WM-Finale 2014 führte eine Zusammenarbeit von André Schürrle und Götze zu einem Treffer. Der eingewechselte Götze veredelte in der Nachspielzeit (90.+2) einen Traumpass seines Mitspielers. Mehr noch als über sein Tor freute er sich über die Rückkehr seines Kumpels Reus: «Ich bin super, super happy für ihn. Es wäre ein Traum, wenn es so bleibt.»
Dagegen schoben die seit nunmehr neun Partien sieglosen Hamburger Frust. Obwohl sein Team eine starke Leistung bot, musste der neue Coach Bernd Hollerbach seine erste Niederlage in der dritten Partie beim HSV hinnehmen. «Es ist eine Never-Ending-Story. Wir sind immer nur nah dran», klagte Abwehrspieler Mergim Mavraj.
Wirklich niedergeschlagen wirkte Fußball-Lehrer Hollerbach jedoch nicht: «Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat bis zum Schluss an sich geglaubt und richtig mutig gespielt. Es war ein beherzter Auftritt.» Ähnlich sah es Mavraj: «Wir waren heute nicht die schlechtere Mannschaft. Darauf kann man aufbauen. Mit der Performance können wir zufrieden sein.»
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(dpa)