New York – Novak Djokovic sammelt die wichtigsten Tennis-Trophäen wieder mit alter Selbstverständlichkeit und hat längst nicht genug.
Mit dem 14. Grand-Slam-Titel holte der Serbe bei den US Open sein Idol Pete Sampras ein, nun liegen nur noch Roger Federer und Rafael Nadal vor dem 31-Jährigen. «Novak hat alles, um Rekorde in diesem Sport zu schaffen», sagte der unterlegene Juan Martin del Potro, nachdem er seine Tränen über die Niederlage in seinem ersten Grand-Slam-Finale seit neun Jahren getrocknet hatte.
Zwar musste Djokovic über 3:16 Stunden gegen seinen argentinischen Freund härter arbeiten, als es das 6:3, 7:6 (7:4), 6:3 am Ende aussagte. Doch nach seiner überstandenen Ellbogenverletzung holte der Wimbledonsieger geschlechterübergreifend als Einziger im Tennis in diesem Jahr zwei Grand-Slam-Titel. «Djokovic ist der König von Amerika», jubelte die serbische Zeitung «Kurir». «Die vergangenen beiden Monate waren fantastisch», resümierte Djokovic. Nach seiner Operation im Februar sei es schwer gewesen, daran zu glauben, andererseits habe er darauf gehofft.
Der 37-jährige Federer führt in der ewigen Rangliste mit 20 Grand-Slam-Titeln vor dem 32-jährigen Nadal, der 17 hat. «Vor zehn Jahren hätte ich gesagt, ich bin nicht so glücklich, Teil der Ära mit Nadal und Federer zu sein. Heute bin ich es», erklärte Djokovic und lobte sie als große Champions auf dem Platz und jenseits davon. Er habe früh herausfinden müssen, wie er sie schlagen könne und sei deswegen der Spieler, der er heute sei. «Das schulde ich ihnen», sagte Djokovic, der gegen beide eine positive Bilanz hat.
Rang drei teilen sich Djokovic und Sampras, und am liebsten wäre dem einstigen und gefühlt aktuellen Weltranglisten-Ersten gewesen, der Amerikaner wäre bei der Siegerehrung dabei gewesen. «Pete, ich liebe Dich, Du bist mein Idol», rief Djokovic am Ende eines verregneten Sonntags durch das geschlossene Arthur-Ashe-Stadium, wo einst auch Sampras triumphierte.
Nur eines der vergangenen 23 Matches hat der einstige Schützling von Boris Becker verloren. Dabei brachte er zwischenzeitlich in Cincinnati das Kunststück fertig, als erster Tennisspieler alle Masters-Turniere – die wichtigsten nach den vier Grand Slams – nun mindestens einmal gewonnen zu haben. Eine Erklärung für diese Leistungsexplosion hat er nicht.
Der Familienvater ist wieder auf Titeljagd, nachdem er im Anschluss an den ersehnten French-Open-Triumph 2016 und den Gewinn aller vier Grand-Slam-Turniere nacheinander einen Leistungsknick und dann eine lange Zwangspause erlebte. So wie Del Potro, der nach Gedanken ans Karriereende wegen seiner Handgelenksprobleme weinte, als seine kaum noch erhoffte Chance auf einen zweiten Grand-Slam-Titel um kurz vor 20.00 Uhr Ortszeit endgültig dahin war. «Der mächtige Serbe zerbricht Del Potro», schrieb der serbische «Telegraf».
Je einen Satz in der ersten und zweiten Runde gab Djokovic ab, danach schuftete er sich bei Hitze und Feuchtigkeit makellos ins Finale und dort in einem Hallenmatch zum Sieg. Auch Del Potro arbeitete sich neun Jahre nach seinem US-Open-Triumph am Defensivkünstler aus Belgrad ab. «Ich habe die ganze Zeit fast am Limit gespielt», sagte der 29-Jährige, der nicht zu so vielen direkten Punkten kam wie gewünscht. «Meine Fehler sind wegen Novaks Niveau passiert.»
Natürlich könne der nun wieder allein von seinem langjährigen Coach Marian Vajda betreute Djokovic noch an Federer und Nadal vorbeiziehen, urteilte Del Potro. Djokovic sei gesund und habe ein tolles Team um sich. Der Olympia-Zweite von Rio sieht es nicht als Problem, dass nur acht der letzten 55 Grand-Slam-Titel nicht an die großen Drei gingen. Der Südamerikaner freute sich viel mehr, gegen das Ausnahme-Trio spielen zu dürfen – 2009 gewann er gegen Federer in New York das Endspiel.
Diesmal trösteten ihn neben Djokovic die Sympathien der Zuschauer, unter ihnen viele argentinische Fans. «Die Zuneigung des Publikums ist genauso viel wert wie diese Trophäe», sagte er, bevor Djokovic den silbernen Siegerpokal überreicht bekam – nach seinem schon achten US-Open-Finale zum dritten Mal nach 2011 und 2015.
Fotocredits: Jason Decrow
(dpa)