Herrsching – In einem kleinen Café in Herrsching am Ammersee gönnt sich Klaus Augenthaler ein Stück Käsekuchen. Immer wieder kommen Passanten vorbei und grüßen den früheren Fußballweltmeister. Man kennt eben die Legende des FC Bayern München mit dem markanten Gesicht.
Sein runder Geburtstag am Dienstag ist Augenthaler irgendwie nicht richtig geheuer. «Es ist schon eine Wegmarke. Wenn man 60 wird, wird man alt. Für mich als 12- oder 13-Jährigen war mein Großvater mit 57 Jahren ein alter Mann, jetzt werde ich selber 60. Man fragt sich: Wo ist die Zeit hin?», sagte Augenthaler der Deutschen Presse-Agentur in einem Gespräch.
Der ehemalige Weltklasse-Libero wird im kleinen Kreis in Graz feiern, wo er seine erste Stelle als Cheftrainer antrat. Lebenspartnerin Sandra und Freunde werden dabei sein. Alles ohne riesiges Tamtam.
Augenthaler ist ein Großer des deutschen Fußballs. Mit dem FC Bayern wurde er siebenmal deutscher Meister, dreimal DFB-Pokal-Gewinner und stand zweimal im Finale des Landesmeisterpokals. In seinem 27. und letzten Länderspiel krönte sich «Auge» 1990 in Italien mit dem Nationalteam zum Weltmeister.
Augenthaler hatte nie die Eleganz eines Franz Beckenbauer oder die Ausstrahlung eines Paul Breitner – dennoch war er eine der prägenden Spielerfiguren beim deutschen Rekordmeister und in der Bundesliga. Vom «Kofferträger zum Chef», wie es Dieter Hoeneß einmal formulierte, arbeitete sich der Abwehrspieler hoch und absolvierte 404 Partien (52 Tore) in der deutschen Eliteklasse.
Die Ferne, die Weite – das war nie Augenthalers Sache. Auch wenn er sich im Nachhinein ein Engagement in England hätte vorstellen können. «Für mich war es schon ein großer Sprung mit 17 aus Vilshofen nach München zu gehen», räumte er ein. Ähnlich verhielt es sich für den gerne mal als Bilderbuch-Bayern bezeichneten Augenthaler auf seinen Stationen als Trainer. «Ich war ja in Graz, Nürnberg, Leverkusen, Wolfsburg – das war schon Ausland für mich», meinte er lachend.
Dazu passt ein bissiger Satz des ehemaligen Jugendnationaltrainers Herbert Widmayer über den jungen Augenthaler. «Der kommt aus dem Bayerischen Wald. Er muss erstmal lernen, mit Messer und Gabel zu essen», meinte Widmayer einmal über den gebürtigen Fürstenzeller.
Der VfL Wolfsburg ist seit Augenthalers Freistellung im Mai 2007 seine letzte Station als Proficoach. Unvergessen, als der mit bissigem Humor ausgestattete leidenschaftliche Angler kurz vor seiner Beurlaubung auf einer 42-Sekunden-Pressekonferenz in Eigenregie vier Fragen stellte und die kurzen Antworten selbst hinterherschickte.
Seit dem 1. Juli ist Augenthaler wieder beim FC Bayern angestellt und in der Jugendausbildung der internationalen Fußballschulen tätig. Zuvor saß er nochmal für ein Jahr beim unterklassigen SV Donaustauf auf der Trainerbank. «Wenn ich auf dem Rasen stehe und den Ball sehe, bin ich wieder 20», räumte Augenthaler ein, der seit vier Jahren in Drößling unweit des Ammersees lebt.
Donaustauf war eine schöne, aber auch ungewöhnliche Etappe. «Bis auf zwei Studenten waren da lauter Leute, die den ganzen Tag gearbeitet haben», erzählte Augenthaler. «Das war das schwierige, da musste man manchmal beide Augen zudrücken, weil da mal eine Email oder WhatsApp kam: Coach, ich habe keine Zeit zum Trainieren, weil meine Oma Geburtstag hat, ich habe eine Einladung zum Justin-Bieber-Konzert.»
Augenthaler und Bayern – das ist eine Verbindung für’s Leben. Wünsche wie weite Reisen hat er nicht, für den FC Bayern ist er ohnehin genug auf Achse. «Ich bin soviel unterwegs, da bin ich froh, wenn ich nach Drößling zurückkomme und vom Balkon aus den Kirchturm sehe.»
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(dpa)