Glasgow – Nach seinem Traumflug zum Weltrekord verschränkte Stabhochsprung-Jungstar Armand Duplantis die Arme vor der Brust, blickte triumphierend wie ein Feldherr ins Publikum, verteilte Luftküsse an die Fans und umarmte seine Mutter Helena.
Scheinbar schwerelos war der erst 20 Jahre alte Schwede beim Leichtathletik-Hallenmeeting in Glasgow über 6,18 Meter geflogen – noch einen Zentimeter höher als eine Woche zuvor bei seinem Triumph im polnischen Torun.
Mit der «Salami-Taktik» des legendären Sergej Bubka und seinem Jahrhundert-Talent dürfte es für Duplantis in den kommenden Jahren noch weit höher hinausgehen. «Ich möchte mir keine Grenzen setzen», sagte der WM-Zweite, warnte aber auch: «Es ist unfair zu denken, dass ich jetzt bei jedem Wettkampf den Weltrekord breche.» Abwarten. Zwei Möglichkeiten hat er in dieser Hallensaison noch, in Frankreich: am 19. Februar in Lievin und am 23. Februar in Clermont Ferrand. Dort will dann auch Papa Greg in der Halle sein. Armands Brüder Andreas und Antoine und seine drei Jahre jüngere Schwester Johanna haben sich ebenfalls dem Stabhochsprung verschrieben.
Die 6,18 Meter nahm Europameister Duplantis gleich im ersten Versuch, der Sprung war technisch perfekt, eine Augenweide, zwischen Latte und Oberkörper war zudem noch eine Handbreit Luft. «Bei 6,18 habe ich den härtesten Stab genommen, mit dem ich je gesprungen bin. Das war ein Risiko, ich habe gezockt – und es hat sich ausgezahlt», schilderte der Überflieger im schwedischen Rundfunk.
«Du kannst nicht sagen, wie weit du von der Latte entfernt bist, aber es fühlte sich von Anfang an wie ein guter Sprung an. Und der freie Fall war magisch», sagte der in Lafayette im US-Bundesstaat Louisiana geborene Athlet, der einen amerikanischen Vater und eine schwedische Mutter hat. «Das Publikum war riesig! Diese Energie hat sich übertragen und hat mir einen Kick gegeben», sagte «Mondo», wie er von Freunden und Profikollegen genannt wird.
Als Rekordbonus kassierte Duplantis 30 000 US-Dollar (rund 27 700 Euro). Superstar Bubka hatte in seinen glorreichen Jahren zwischen 1984 und 1994 immerhin 35 Weltrekorde (17 Freiluft/18 Halle) aufgestellt, etwa die Hälfte davon steigerte er «finanztaktisch»» um jeweils nur einen Zentimeter – obwohl der Ukrainer längst größere Höhen draufhatte. Doch die Prämien nahm er gerne mit.
Bereits als vierjähriger Junge sprang Duplantis mit einem Besenstiel unbekümmert aufs Wohnzimmersofa, Vater Greg baute ihm im Garten eine Sprunganlage. Er hält die Weltrekorde in den Altersklassen 7 bis 12 sowie zwischen 17 und 20. Am 12. August 2018 meisterte der Teenager – damals noch 18 Jahre alt – zum ersten Mal die magische Sechs-Meter-Marke: Mit 6,05 Metern schnappte er der Konkurrenz im Berliner Olympiastadion EM-Gold weg.
Woher sein ungewöhnlicher Spitzname kommt? «Nach meinem ersten Weltrekord rief mich jemand ‚Mondo‘, was aus dem italienischen übersetzt ‚Welt‘ heiß. Seitdem nennen mich alle so. Mir gefällt‘s», sagte Duplantis vor der WM 2019 in einem Interview der «Welt am Sonntag».
Fotocredits: Ian Rutherford
(dpa)